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Als Frau in der katholischen Kirche zu wirken sei „wie mit angezogener Handbremse zu fahren“. „Es kostet uns viel Kraft, aber wir müssen uns trauen, etwas zu tun“, sagt Liane Schmitt, stellvertretende Vorsitzende des neu gegründeten Frauenbund-Zweigvereins Aschaffenburg (siehe Stichwort).

Ihre Frau in Kirche sowie in Politik und Gesellschaft zu stehen und auch füreinander da zu sein, das sind die wichtigsten Ziele, die der Ende September gegründete Zweigverein, der sich „Frauen.Bunt.AB“ nennt, für die Zukunft hat. Zehn Frauen sind bereits Mitglied, der Vorstand setzt sich zusammen aus der Vorsitzenden Monika Krugler, ihrer Stellvertreterin Liane Schmitt, Schatzmeisterin Irmgard Englisch und Schriftführerin Birgitta Dahedl. Geistliche Beirätin ist Eva Meder-Thünemann. Die 60-jährige Gemeindereferentin war es auch, die den Stein ins Rollen gebracht hat. Bereits vor zwei Jahren gab es erste Pläne, eine Fragebogenaktion, danach das erste Treffen – coronabedingt erst im Sommer 2021.

Alle Frauen engagieren sich teilweise schon seit Jahrzehnten ehrenamtlich in der katholischen Kirche, beispielsweise Irmgard Englisch. Die 71-jährige pensionierte Schulleiterin hat die Nase jetzt voll: „Ich bin lange genug in der katholischen Kirche und hoffe, dass sich vielleicht doch mal was bewegen lässt.“ Das „krampfhafte Festhalten an alten Zöpfen, obwohl diese schon lange abgeschnitten sind“, die „unsäglich verkrusteten Strukturen“ in der Amtskirche, nicht nachvollziehbare Regelungen, das alles geht den Frauen an die Nieren. Denn eigentlich sind sie gerne Kirchenmitglieder, stehen zu ihrem Glauben, finden es schlimm, dass sich so viele Menschen von der Kirche abwenden. „Kirche und ihre Mitglieder machen auch so viel Gutes, das sieht dann nur keiner“, sagt Monika Krugler (55). Die verwitwete Kinderkrankenschwester fragt: „Welche Gemeinde könnte denn noch ohne ehrenamtlich engagierte Frauen bestehen?“ Aber nicht nur aufs Kirche putzen, Blumen arrangieren und Kuchen backen wollen sie sich beschränkt sehen.  „Eine Frau bringt andere Eigenschaften mit als ein Mann, die sind nicht besser und nicht schlechter, beides muss akzeptiert werden“, meint Liane Schmitt, 50, geschieden.

Also dann eine Art Bewegung wie bei „Maria 2.0“? Da sind sich die Aschaffenburger Frauen nicht ganz einig: „Maria 2.0 ist mir oft zu aggressiv“, meint Liane Schmitt. Position beziehen ja, aber die Haltung dort sei „zu krass“. Man müsse den Dialog und Konsens suchen, wenn man etwas bewegen wolle, meint Irmgard Englisch. Eva Meder-Thünemann widerspricht: „Dazu muss der andere aber erstmal zuhören.“ Sie habe als hauptamtliche Kirchenmitarbeiterin oft die Erfahrung gemacht, nicht ernstgenommen zu werden. „Wir müssen stören, nicht immer nur bitten“, zitiert sie aus einem Buch von Schwester Katharina Ganz. Wie kommt der Frauenbund bei den Pfarrern in der Region an? Nachfrage beim katholischen Dekan Martin Heim, der sagt: „Ich freue mich über diese Initiative.“ Als damaliger Pfarrer von Salz sei er lange der Geistliche Beirat des Frauenbunds gewesen, der dort starker Motor neuer gemeindebildender Aufbrüche mit großen sozialen, spirituellen und kulturellen Hintergrund gewesen sei.  „In der Stadt mit ihren vielen Angeboten muss die Zielsetzung eines neuen Frauenbunds gut überlegt und ausgeschärft werden. Ich wünsche dem neuen Frauenbund eine ideenreiche Inspiriertheit.“

Nicht nur für Frauenrechte, sondern auch für gegenseitige Unterstützung und spirituelle Impulse wollen sich die Mitglieder künftig stark machen. Noch sind keine konkreten Aktionen angesetzt, die Gruppe „müsse sich erstmal finden“. Ein nächstes Treffen für alle Interessierten, die im Übrigen nicht katholisch sein müssen, aber die Ziele des Frauenbunds mittragen sollten, ist für Mittwoch, 17. November geplant. Ein Kennenlernnachmittag soll im Dezember in Schmerlenbach stattfinden. eMail-Kontakt: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Stichwort: Katholischer Deutscher Frauenbund (KDFB)

„Wir machen uns stark für Frauen!“ Dieser Leitsatz ist heute noch das Fundament des KDFB, der 1903 von katholischen Frauen in Köln gegründet wurde. Rund 180.000 Mitglieder (darunter auch Männer) engagieren sich heute bundesweit in 1.800 Zweigvereinen und 21 Diözesen. Der Frauenbund will Politik, Gesellschaft und Kirche aktiv mitgestalten, heißt es auf seiner Homepage. Wichtig sei den Frauen auch eine lebendige Solidarität untereinander sowie demokratische Strukturen. Als Vision nennt der KDFB „eine Welt, in der Frauen selbstbewusst und engagiert ihre Rechte verwirklichen“. All dies basiere auf dem Wertekodex von Spiritualität, Solidarität, Gerechtigkeit und Menschenwürde.

www. frauenbund.de

(Text erschienen im Main-Echo am 25. Oktober 2021/Cornelia Müller)

 

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